was weiter geschah hier im Tagebuchauszug, 3 Tage nach der Einlieferung geschreiben
Dienstag, 23. 11. 04
soweit runter bin ich gefallen, tiefer kann es nicht mehr gehen. Am Samstag Abend 20.11.04 mit der Ambulanz nach Belleley in die Nervenklinik.
Am Abend, 20.11.04 sass ich am Pc am chatten mit einer Flasche süffigen Wein. Trank davon ¾, nahm 1 Temesta. 2.5mg, und ging zu Bett. Urplötzlich fing ich an mich hin und her zu werfen und zu weinen wie ein kleines Kind.
Als hätte ich schon eine Vorahnung gehabt, hatte ich im Laufe des Samstags ein paar Sachen gepackt. Ich rief den Arzt an und rief die Kinder zu mir. Sie wussten nicht was geschehen ist, aber ich glaube sie dachten es komme von den Nerven, da ich ihnen am Freitag Mittag erzählte ich sei sehr krank (an den Seele). Ich lag auf dem Bett, quer, weinend, ich konnte nicht mehr aufhören zu weinen. Die Älteste wollte dass ich die Jeans anziehe und Ich: “nein, die kennen das“ sagte ich weinend. Die Sanitäter kamen und wollte auch dass ich die Hose anziehe, ich sagte im Weinen: „nein, es hat einen Trainer im Schrank“ den zog ich mit Hilfe des Rettungssanitäter an. Irgendwie kam ich raus wo sie mich auf die Liege betteten. Ich klammerte mein Handy und mein Lammfell an mich und weg wurde die heulende Fracht gebracht.
Erst wandte ich mich zur Wand spürte die Sicherungsgurte, drehte mich um und nahm den Begleiter wahr und liess meine Hand runterhängen. Er ergriff und drückte sie sanft . Dann muss ich eingeschlafen sein denn erst als ich im Rollstuhl sass realisierte ich wieder halbwegs, was um mich geschah, wenn auch nur schleierhaft. Oben im Arztzimmer wurde ich gefragt ob ich blasen würde und ich hatte 0,9 Promille.
Am Sonntag früh klopfte es, die Tür geht auf und deine Frauenstimme rief zum Frühstück. Ich dreht mich und schlief weiter.
Um 12.00 Uhr wankte ich den Flur entlang, da kam ein Arzt (oder Pfleger?) und übergab mir mein Mittagessen, pfui, nur Fleisch war essbar. Am Abend Brot, Joghurt und viel Käse pfui. Joghurt gegessen, Salat war fade.
Ich wusste sofort, ich würde nicht in Belleley bleiben, weil es französischesprechend ist und ich zu wenig französisch kann, aber ein Transport war erst am Montag möglich.
Am Nachmittag waren noch meine Kinder mit einem Kollegen zu Besuch. Ich bat meine tochter, über Handy, sie solle doch bitte noch das Ladekabel, Unterwäsche und meine Medi’s einpacken. Als sie damit kam wurde das Beautycase nicht kontrolliert und so hatte ich alles bei mir. Ich lud das Handy im Aufenthaltsraum und sass dafür 2Stunden oder mehr still auf dem harten Stuhl, ich wurde nicht beachtet.
Am Abend als ich ins Bett ging nahm ich die Temesta in die Hand und da flog mir die halbe Tablette entgegen, so dachte ich 1 ½ Temesta sind nicht zuviel eine war ja zu wenig, so kann ich wenigstens schlafen.
Was dann geschah entzieht sich meinem Wissen. Nach Erzählungen fand mich am nächsten Morgen die Pflegerin und das leere Temestabriefchen. Offenbar wollten sie mich holen um mich in die Waldau zu verlegen.
Ich habe am Sonntagabend noch 6 weitere Temesta's genommen und am Montag noch 4 um 11Uhr, so wurde ich gefunden, so meine Aussage.
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Ich brauchte 3 Wochen bis ich soweit war und sagte: ich will leben den bis dahin wollte ich am liebsten nie wieder aufwachen. Um meinem Leben ein Ende zu setzen war ich schlicht und einfach zu "feige". Heute bin ich froh darüber. Aber wie ging es weiter? Da ich bis zum Nervenzusammenbruch in der Spitalwäscherei (auf Ende Dezember befristet) arbeitete war die Unsicherheit gross ob ich die Arbeit definiv erhalte oder nicht. Ich rechnete nicht mehr damit aber als es hiess ich kriege sie nicht, brach meine Welt zusammen. Wieder war da der Druck: wie gehts weiter. Gegen Ende Januar war ich am Punkt angekommen an dem ich sagte: es muss was gehen. Ich vernahm von der PTS (PsychoTherapieStation) und meldete mich. Ich erhielt auch sofort einen Termin für das Indikationsgespräch und am nächsten Tag, es war der 20. Janua 05, konnte ich verlegt werden.
Auf dieser Station hatte ich Höhen und Tiefen. Hier wieder ein Tagebuchauszug:
Freitag, 25.3.05
19.20 Uhr
Man o man, eine ganze Woche ohne Eintrag. Eine ganze Woche "Bull-Shit" und immer noch.
Am Montag, späterer Nachmittag, ich war schon den ganzen Tag kaum aus dem Bett, nur um zu pinkeln und Ovo holen. Ja, am späteren Nachmittag im Bett fing ich plötzlich heftig an zu weinen, wie aus heiterem Himmel. Ich konnte nicht aufhören. Ich weiss nicht wie lange ich so weinte, da standen plötzlich mein Arzt und der diensthabende Oberarzt neben meinem Bett. Aber statt aufzuhören zu weinen ging es erst recht los. Der diensthabende Oberarzt, er kennt mich, ging vor meinem Bett in die "Hocke" um den Augenkontakt mit mir aufzunehmen und sagte ruhig, einfühlsam und liebevoll: "Frau Sandoz, nicht warh, sie wissen dass sie auf der offenen Station sind“, ich nickte und er sprach weiter: "sie laufen mir nicht weg!?!" Ich antwortete, beziehungsweise ich reagierte nicht sofort und er doppelte nach: "nicht war, Sie laufen mir nicht wäg?!?" Ich nickte nur und weinte ungehemmt weiter. Danach quetschte ich unter Tränen hervor: "Warum, wie lang noch?" oder ähnlich. Er sagte dann: "Frau Sandoz, dürfen wir ihnen etwas zur Beruhigung bringen?" Ich reagierte wieder nicht sofort so dass er nochmals fragen musste bis ich mit dem Kopfnicken das "Ja-Wort" gab. Der Oberarzt verabschiedete sich und mein Arzt nickte mir zu und so gingen die beiden Herren. Die Therapeutin kam irgendwann während dem die Ärzte da waren. Sie sagte, ich weiss nicht mehr was, beim 2. Satz den sie sagte, quetschte ich immer noch unter Tränen hervor sie solle schweigen. Später, noch ehe mein Arzt zurück war, "jagte" ich die Therapeutin raus, sagte aber ihr, es sei nicht gegen ihre Person: ich glaube sie wisse ja.
Mein Arzt kam ca 5-10 Min später zurück und ich hatte mit weinen aufgehört und er setzte sich zu mir ans Bett. Wir sprachen noch etwas, ich weiss nicht mehr was und er überreichte mir eine Temesta à 2,5 mg welche mir dann half mich zu beruhigen. Aber, es schossen mir wieder Gedanken durch den Kopf wie: hätte ich mehrere würde ich sie nehmen so gegen 10 Stück.
Ich ging erst gestern Do wieder aus dem Bett, richtig raus mein ich.
Danach ging es kontinuierlich aufwärts, es ging zwar sehr langsam mit einem kleineren Tiefflug aber nicht mehr so gravierend.
Was ich aber erst lernen musste ist, dass es immer wieder mal Tiefflüge zu akzeptieren gibt. Ich fragte meinen Arzt warum das so ist, dass ich das nicht begreifen könne. Da erklärte er mir es anhand dieser Tabelle, dem: schematischer Verlauf einer Depressionstherapie.
Auch heute gibt es Höhen und Tiefen nur habe ich gelernt damit umzugehen und anhand eines geregelten Tagesablaufes kann ich die Tiefen überwinden. Heute, 2009, arbeite auch wieder 50%, hab noch immer meine Ondra und noch 2 meiner 4 Kinder bei mir.
auf Deinen Eintrag in mein Gästebuch freue ich mich sehr
(anrüchige und unter die Gürtellinie gehende
Einträge erlaube ich mir zu löschen)